Der wundergläubige Kakadu

Kakadu Wer’s glaubt wird selig: Kinder­sendung Kakadu entführt in die Welt der Wunder

Einseitig missionarische Beiträge statt kritischer Aufklärung und Wissensvermittlung: Der öffentlich-rechtliche Kinderkanal Kika (ARD und ZDF) ist da leider keine Ausnahme (siehe: „Statt Aufklärung und Wissen religiöse Unterweisung für die Kleinsten“, ebenfalls auf diesen Seiten). So tut sich auf diesem Feld auch die Kindersendung „Kakadu“ im öffentlich-rechtlichen Deutschlandradio Kultur hervor.

Beispielsweise mit dem völlig unkritischen und distanzlosen Beitrag „Was sind Wunder?“. Verantwortlich zeichnet als Redakteur ein gewisser Martin Mölder, der seine Ausbildung in irgendeinem Pfarrhaus gemacht zu haben scheint.

Die Handlung: zwei Mädchen, Mona, Jacqueline und ein Pfarrer Lohmann (hier kurz „Mo“, „Jac“ und „Pfloh“ genannt) gehen gemeinsam einen sechs Kilometer langen Fußweg als „Pilger“ zu einer bekannten Wallfahrtsstätte im niederrheinischen Kevelaer und treffen dort auf die Touristenführerin Renate. Die an sich schlichte Handlung bildet den Hintergrund für allerhand religiöse Gebete und christliche Belehrungen. In aller Harmlosigkeit wird eingeführt ins Thema. O-Ton: „Mona, Jacqueline und Pfarrer Lohmann haben sich … getroffen … sie wollen pilgern …“ Dann wird erklärt, man spreche von „pilgern“, wenn Gläubige „wandern“, wandern an einen Ort, wo Heilige begraben seien oder Wunder geschehen seien.

Auf die Frage, was denn Wunder genau seien, antwortet der Sprecher: „Als Wunder gilt ein Ereignis, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann, so dass es Verwunderung und Erstaunen auslöst. Es bezeichnet allgemein etwas ‚Erstaunliches‘ und ‚Außergewöhnliches‘“. Die Jugendlichen haben verstanden. Mo: „Also Dinge, die einfach passieren und man sich nicht erklären kann, … wenn das Unmögliche möglich gemacht wird.“ – Die Touristenführerin Renate: „Ja, hier sind Wunder geschehen. Es sind Heilungen …“

Der kindliche Hörer wird mit solchen religiösen Schnurren alleine gelassen. Die meisten Eltern ahnen ja nicht, dass der so nette Kinderfunk Kakadu statt Aufklärung und Wissen zu bringen mit nie belegten Spintisierereien aufwartet. Sie erwarten zu Recht anderes. Diesmal ist man bei Kakadu jedoch weit davon entfernt, solche heiligen Legenden in irgendeiner Weise kritisch zu hinterfragen. Hier wird Glauben als Wissen untergejubelt.

„Da, wo wir mit Gott zu tun haben“, doziert Vertrauen erheischend Pfloh „sind Dinge möglich, die für uns nicht möglich sind.“ Und Jac gibt die Stichworte: „Meinen Sie, … dass es Wunder fast überall in unserem Leben gibt?“ – Und Pfloh, als die Autorität von Wissen und Erwachsensein antwortet: „Das sehe ich so und dass wir das auch erleben dürfen, an ganz, ganz vielen Stellen.“ Dann legt Pfloh noch eins drauf: „Aber ehrlich gesagt, für mich ist ein anderes Wunder viel größer. Das ist nämlich, dass Menschen auf einmal eine Kraft wieder haben, die sie vorher nicht hatten …“

Wahrheit und Wirklichkeit spielen diesmal bei bei Kadaku offenbar keine Rolle. Herausgestellt wird die angebliche Wirksamkeit von Wundern. Dabei wird angeknüpft an naivstem Kinderglauben wie er selbst in den theologischen Seminaren nicht mehr ernst genommen wird. Doch für Redakteur Mölder gibt es klare Belege! In der Bibel nämlich! Da wo noch Brot vermehrt und Wasser in Wein verwandelt wird. Indes erlaubt der Sprecher sich auch mal den Einwand: „Daran glaubt zwar nicht jeder …“, aber sofort bügelt die Mölder-Regie den Makel wieder aus: „Aber Renate … schon.“

Echte Aufklärung gibt es in dieser Kakadu-Sendung nicht. Kritisches Hinterfragen, ob Wunder vielleicht nur angebliche Ereignisse sind, Naturgesetze sich etwa vorübergehend außer Kraft setzen lassen, ist nicht angebracht. Auf geradezu kleinkindlichem Niveau bemüht sich der Beitrag süßlichste Wunder als Wirklichkeit zu verkaufen. Bei Radio Vatikan könnte man sich eine solche Sendung gut vorstellen. Doch eigentlich dürfte sich öffentlich-rechtlicher Kinderfunk eine solche Entgleisung nicht erlauben. Muss eine moderne, aufgeklärte und pluralistische Gesellschaft es sich gefallen lassen, dass solcher Stuss für Kinder aus den allgemeinen Gebühren bezahlt wird?

Bei Radio Vatikan oder auf bibel.TV wird wenigstens mit offenen Karten gespielt, erwartet man missionarische Beiträge, kann begründet einfach ausschalten. Aber dürfen unsere öffentlich-rechtlichen Kanäle wirklich die Aufgaben von Missionssendern übernehmen? Sind den Verantwortlichen die Gefühle und Weltanschauungen der vielen Anders- und Nichtgläubigen derart gleichgültig, dass sie meinen darauf keine Rücksicht nehmen zu müssen? Oder mit welchen Verdiensten winkt eigentlich die mächtige Kirchenlobby im Hintergrund, dass immer wieder so unkritische und einseitig christelnde Botschaften an die jungen Hörer herangetragen werden müssen?

Muss man den Verantwortlichen in den Sendern nicht mal auf die Finger klopfen, sie ermahnen sich an ihre eigenen Richtlinien zu halten? Sonst könnten die Öffentlich-Rechtlichen langsam verkommen zu reinen Missionsanstalten. Doch zum Glück gibt es im Kinderfunk, und auch bei Kakadu auch noch anderes. Etwa die Autorin Ulla Illerhaus, die in ihrem Beitrag „Bilder im Ohr“ positiv formuliert hat: „… wir verfolgen … große Ziele: Aus unseren Hörern sollen kritische, aufmerksame, menschenfreundliche und kulturinteressierte Demokraten werden.“