Der Hijab – ein Stück Stoff spaltet die Welt.

Jährlich am 1. Februar wird seit fast zehn Jahren in über 150 Ländern der World Hijab Day gefeiert. Der Hijab ist das Kopftuch, mit dem muslimische Frauen nach den religiösen Vorschriften der Scharia in der Öffentlichkeit züchtig ihr Haupt zu bedecken haben. Offen das wehende Haar zu zeigen gilt als unsittlich und als Verstoß gegen die strengen religiösen Vorschriften des Islam.

Es gibt sogar eine offizielle Website, auf der junge hübsche Frauen sich einschmeichelnd mit dem religiösen Schleier zeigen, als ginge es um das attraktivste Kleidungsstück der Welt. „Hijab ist unsere Krone, kein Verbrechen“ werben sie unter #DressedNotOppressed auf Twitter.
„Not oppressed“, „nicht unterdrückt“, genau um diese Botschaft aber geht es den Veranstaltern am 1. Februar. Gleich, wer im Einzelnen hinter der offiziellen Website und den Hunderten von Glitzerseiten rauf und runter im Internet geht: Die Message soll sein: Frauen unterm Kopftuch finden sich schön, sehen sich anerkannt, fühlen sich frei. Aber die Wirklichkeit in den islamischen Ländern ist eine andere. Denn Frauen, die sich etwa in Staaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch oder gar mit offenem wehenden Haar zeigen, müssen um Leib und Leben fürchten.

Mahsa*, eine junge Iranerin, die vor Jahren vor den religiösen Zwängen aus ihrer Heimat nach Deutschland flüchtete, erzählt: „Täglich werden im Iran viele Frauen wegen eines zu lässig umgebundenen Hijabs auf offener Straße angegriffen. Viele werden von den Mullahs eingesperrt, wenn sie versuchen sich ohne Hijab zu zeigen. Ihnen werden ihre Persönlichkeitsrechte oder sogar ihr Leben genommen, wenn sie den Schleier verweigern. Sie verbringen ihr Leben unter Zwang und Fessel des vorgeschriebenen Hijabs. Deshalb verlassen viele dieser Frauen ihre Heimat und suchen wie ich Zuflucht in anderen Ländern. Diese Unterdrückung und die Zwänge sind unerträglich“.

Kein Verständnis haben Mahsa und ihre Leidensgenossinnen daher, wenn in Ländern wie Deutschland so getan wird, als ginge es schlicht um eine Frage der Mode.

Noch schlimmer, wenn Musliminnen bei uns anlässlich des Kopftuchverbots in öffentlichen Einrichtungen ihre Freiheitsrechte bedroht sehen, wo der Staat gegenüber den Religionen Neutralität zu beweisen hat. Und kein Verständnis haben Frauen wie Mahsa, die dem fundamentalistischen Kopftuchzwang entflohen sind, wenn hierzulande Kritiker an den strengreligiösen Kleidervorschriften als „Islamhasser“ gegeißelt werden.
Leider haben hierzulande Einige die Zusammenhänge noch nicht begriffen und verteidigen den islamischen Schleier gar als frauliches Freiheitssymbol. Das kann es partout nicht sein, auch wenn die Rechte inklusive AfD gegen „Kopftuchmädchen“ poltern, in Wirklichkeit aber nur ihrer Abscheu gegen Migranten und „Ausländer“ freien Lauf lassen wollen.

Auch Mahsa weiß das. Aber sie kann nicht tolerieren, „dass es einen Gedenktag gibt, der sogar nach dem Hijab benannt ist und den Hijab feiert.“ Und gar kein Verständnis hat sie für die Unterstützung durch die verschiedenen europäischen Gruppen für diesen World Hijab Day: „Schlimm und bedauerlich. Ich fühle mich doch als Frau als ein Teil dieser Frauen, die im Iran in dunklen Gefängnissen sitzen, nur weil sie sich dem Zwang nicht beugen wollten. Wie kann der Hijab dann hier so positiv respektiert werden?“

Immer mehr mutige Frauen, die dem Kopftuchzwang entkommen konnten und bei uns einen liberaleren Zufluchtsort fanden, setzen sich gegen die Verniedlichung und Beschönigung der erzwungenen Verschleierung zur Wehr. Zur Unterstützung ihrer in den radikal-islamischen Staaten so übel schickanierten „Schwestern“ demonstrieren sie, wo es möglich ist. Nach besten Kräften versuchen sie aufzuklären über den Fetzen Stoff, der die Welt so gefährlich spaltet.

Frauenstimmen gegen Gewalt sagen Nein zum World Hijab Day!“ heißt eine Initiative, die schon am 27. Januar auf YouTube zum Protest aufrief. (Achtung: Die Diskussion der fünf beteiligten Frauen beginnt nach dem Musik-Trailer etwa ab der 3. Minute!).

#LetUsTalk heißt eine andere beherzte Initiative. Der Humanistische Pressedienst berichtete darüber.

Außerdem hat der Zentralrat der Ex-Muslime für den 5.2.2022 zu einer Demo in Köln aufgerufen. Wer immer kann, sollte sich informieren und die mutige Aktion unterstützen.

Die heutige Radio-Sendung der Säkularen Flüchtlingshilfe Hamburg ist auch dem Hijab Day gewidmet (ab 18:50).

Und wenn’s nicht gerade um Papst, Kreuz und Krone geht, darf man ausnahmsweise auch mal zu BILD greifen. Heute mal gut…

*Name von der Redaktion geändert.